Vielfalt der Geschlechter
Mit der neuen Gesetzgebung zur dritten Option beim Geschlechtseintrag ist die Vielfalt der Geschlechter zum ersten Mal in den Blick einer breiten Öffentlichkeit gerückt. In statistischen Erhebungen war es bis vor nicht allzu langer Zeit nicht möglich, ein anderes Geschlecht als männlich oder weiblich anzugeben. Daher finden sich auch an der Universität Freiburg nur wenige Daten zu Menschen, die sich in der Binarität Mann–Frau nicht wiederfinden und ein weiteres – oder gar kein – Geschlecht für sich nennen. Derzeit sind in der Gruppe der Studierenden 6 Personen ohne Geschlechtseintrag in der Statistik der Universität zu finden. Diese Zahl wird sich in den nächsten Jahren sicher erhöhen.
Bisher gibt es keine verlässlichen Statistiken zu nicht-binären Personen. Die Biologin Anne Fausto-Sterling[1] ging 2000 davon aus, dass weltweit etwa 1,7 % der Menschen intergeschlechtlich geboren werden. Hinzu kommen all diejenigen Menschen, die nicht in das binäre Schema Mann–Frau passen (wollen), ohne intergeschlechtlich zu sein. In der ZEIT-Vermächtnisstudie[2], der ersten repräsentativen Befragung, die nach sozialem Geschlecht fragte, waren 2,1 % der Befragten nicht-binär. Wenn wir davon ausgehen, dass 1,7–2,1 % der Bevölkerung nicht-binär sind, dann finden sich unter den Studierenden der Universität 418–517 und unter den Beschäftigten 115–141 nicht-binäre Menschen.
Neben den Problemen der Statistik stellt sich aber auch die Frage, inwieweit ein Klima der Offenheit und des Vertrauens an der Universität herrscht, das es den betreffenden Menschen erleichtert, sich als nicht-binär zu outen. Alle Menschen werden im Alltag beständig mit der binären Geschlechterordnung konfrontiert. Für Menschen, die sich selbst in dieser Geschlechterordnung verorten können, ist das kaum wahrnehmbar – für nicht-binäre Menschen hingegen sehr wohl. Das betrifft nicht nur das Suchen nach der richtigen Toilette, sondern auch alle Situationen, in denen sich Personen ausweisen müssen (z.B. Immatrikulation, Leistungsnachweise im Studium, Arbeitsverträge etc.) und die alltägliche Kommunikation. Nicht-binäre Personen erleben im Alltag sehr viel Misgendering (d.h. dass ihnen das falsche Geschlecht zugeordnet wird) und leider auch Diskriminierung. Das kann dazu führen, dass nicht-binäre Menschen ihre Geschlechtsidentität lieber nicht öffentlich machen, auch an der Universität Freiburg. In der Studierendenbefragung 2019 der Universität Freiburg z.B. gaben 28 Studierende (0,4 % der Befragten) für sich das Geschlecht „divers“ an, also deutlich mehr als die 6 registrierten Studierenden.
Es muss also davon ausgegangen werden, dass die Anzahl an nicht-binären Mitgliedern der Universität wesentlich höher ist als die angegebenen 6 Studierenden.
Zum Weiterlesen:
trans.inter*.nicht-binär. Lehr- und Lernräume an Hochschulen gestalten
NonBinary Universities. Vademekum zu geschlechtergerecht(er)en Hochschulen
Leitfaden für Hochschulen zum inklusiven Umgang mit allen Geschlechtern
Handlungsempfehlungen der bukof für Geschlechtervielfalt an Hochschulen[1] Anne Fausto-Sterling (2000): Sexing the Body, S. 53
[2] Zitiert in; BMFSFJ (2016): "Situation von trans- und intersexuellen Menschen im Fokus", S. 7–8